Mehr als Romantik unter Bäumen - Rückepferde für die Waldpflege
Fernsehsendung vom 10. Februar 2001 im Hessischen Fernsehen
Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Holzrücken mit Pferden in der Forstwirtschaft der Regelfall, da es keine oder kaum andere Möglichkeiten gab. Damals war diese Arbeit eine wahre Plackerei, und alte Holzrücker wundern sich oft, daß es immer noch, wenn auch nur wenige junge Leute gibt, die sich für diesen Beruf entscheiden.
Heute arbeiten die Pferde jedoch nicht mehr allein, sondern werden von Schleppern unterstützt. Die muskelstarken Kaltblüter holen die Stämme aus den Waldbeständen und legen sie an eigens gezeichneten Rückelinien ab. Von dort transportiert sie der Schlepper zu den Waldwegen. Das heißt, die Pferde brauchen ihre Last nur kurze Strecken zu schleppen und das ist wichtig, wenn man sie nicht überlasten will. Außerdem schleppen die Pferde nur sogenanntes Schwachholz, das sind je nach Pferderasse für Einzelpferde Stämme bis zu 0,4 Festmeter oder circa 350 bis 450 Kilogramm beziehungsweise für Gespanne bis zu 0,8 Festmeter oder circa 700 bis 900 Kilogramm. Bei Schnee sind auch etwas schwerere Stämme möglich. Lange und sehr dicke Stämme sowie Bäume, die sich beim Fallen untereinander verkantet haben, werden mit dem Schlepper herausgezogen - dies auch, um Pferde und Rücker nicht überzustrapazieren und zu gefährden.
Unzweifelhafter Vorteil der schweren Zugmaschinen ist ihre immense Leistungsfähigkeit. Unübersehbar sind allerdings die Spuren, die die tonnenschweren Fahrzeuge hinterlassen: Trotz der voluminösen Reifen, die den Druck vermindern helfen, ist die Bodenverdichtung groß. Aus ökologischen Gründen ist der Einsatz von Rückepferden daher unbedingt erstrebenswert. Diese Form des Holzrückens ist nämlich wesentlich bodenschonender als mit schwerem Gerät. Auch die Verletzungsgefahr für die Rinde noch stehender Bäume ist beim Rücken mit Pferden erheblich niedriger. Das kommt dem Wachstum der Bäume zugute und bringt somit letztlich auch wirtschaftliche Vorteile. Daher begrüßt die Forstverwaltung in Hessen den Einsatz von Pferden im Wald, und viele Forstämter wünschten sich mehr Pferderücker in ihren Revieren. Der Pferderücker erhält wegen seines höheren Aufwandes einen um 15 Prozent erhöhten Rücketarif gegenüber einem Rücker mit Schlepper. Dies erscheint auf den ersten Blick viel, erweist sich aber bei näherem Hinsehen als Minimum. Denn der Schlepper wird nach getaner Arbeit einfach abgeschaltet und oft im Wald stehen gelassen. Die Pferde aber müssen nach Hause gefahren und anschließend weiter betreut werden. Viele Pferderücker haben heute neben ihren Pferden zusätzlich einen Schlepper im Einsatz und sichern sich so ihren Unterhalt auch für Zeiten beziehungsweise Situationen, in denen die Pferde nicht eingesetzt werden können. Wer sich fürs Holzrücken mit Pferden interessiert, wendet sich am besten an sein nächstes Forstamt.
Starke Partner - Rückepferde
Schwerstarbeit beim Holztransport von Andrea Wulff, Westdeutsche Zeitung vom 11.
Oktober 2003
Wenn Albert Horstmann mit seinen beiden westfälischen Kaltblut-Kolossen Heidi
und Hanna durch den Wald zieht, wird er nicht selten von Spaziergängern angesprochen.
Als altmodisch bezeichnen bezeichnen sie sein Pferdegespann, oder sie wollen wissen,
warum er keine modernen Maschinen für die Arbeit im Wald einsetzt. Dabei
liegen die Vorteile für den Landwirt aus Iserlohn klar auf der Hand: Die
Pferde sind wendiger als Zugmaschinen und können selbst an Hängen arbeiten,
an denen die Stzeigung den Einsatz von Fahrzeugen unmöglich macht.
Mit ihren rund 750 Kilogramm ziehen die schweren Damen Heidi und Hanna als Rückepferde
nach jahrhundertealter Methode die gefällten Holzstämme aus dem üppigen
Waldbestand des märkischen Kreises. Gersade im Herbst oder Winter kann man
die Kaltblüter mit etwas Glück in größeren Waldgebieten wie
der Eifel oder dem Sauerland bei ihrer schweißtreibenden Arbeit beobachten.
Dabei gehören sie im Zeitalter der Technisierung zu einer aussterbenden Gattung.
Nur noch etwa 220 Rückepferde gibt es in Nordrhein-Westfalen, und das, obwohl
ihr Einsatz besonders umweltschonend ist. Denn im Gegensatz zu den schweren Forstfahrzeugen
hinterlassen die Hufe der Kaltblüter keine Furchen im empfindlichen Waldboden,
die die Wurzeln schädigen könnten. Darüber hinaus ist ihr Geräuschpegel
vergleichsweise gering und schädliche Abgase entstehen auch nicht.
Seit 30 Jahren arbeitet Albert Horstmann mit Rückepferden. Dennoch kommt
der Landwirt bei seiner Arbeit nicht völlig ohne den Einsatz von moderner
Technik aus.Denn um die Baumstämme ins nächste Sägewerk zu transportieren,
müssen die Kaltblüter sie aus dem Unterholz zu den eigens angelegten
Rückewegen ziehen. Mit einem Schlepper wird das Holz von dort bis zum Forstweg
gefahren, wo es dann mit einer Seilwinde auf den Lkw des Sägewerks verladen
wird. Horstmann sieht die Kombination von Pferd und Maschine pragmatisch: "Um
rentabel zu arbeiten, kommt man nicht ganz ohne Maschinen aus. Außerdem
gibt es auch Baumstämme, bei denen die Pferde passen müssen, weil sie
viel zu schwer sind, dicke Buchen zum Beispiel."
Bei konstanter Belastung können Heidi und Hanna etwa 15 Zentner Holz oder
70 Prozent ihres Eigengewichts ziehen. Mehr als ein paar Stunden täglich
kann sie Horstmann daher nicht einsetzen. "Dafür haben sie zwischendurch
auch mal ein paar Tage frei, vor allem im Sommer, wenn weniger Holz gefällt
wird als im Winter." Soviel PS_Leistung fordert beim Futter einen hohen Preis:
ZehnKilogramm Hafer fressen die beiden Stuten an einem durchschnittlichen Arbeitstag,
dazu kommen noch Heu und natürlich Möhren zur Belohnung.
Vom Land wird die Arbeit mit Rückepferden mit drei Euro je Quadratmeter Festholz
bezuschusst. Und auch die Anschaffungskosten für Maschinen und Geräte
werden subventioniert. "Ich nehme die Pferde mit, weil ich sie gut gebrauchen
kann, nur wegen der Zuschüsse lohnt sich das nicht", sagt Horstmann.
Trotzdem will sich der Landwirt in Zukunft zusammen mit seinem Sohn Markus stärker
auf die Forstarbeit konzentriren. Sein Hof, auf dem er 180 Rinder hält, wirft
nicht mehr genug ab."Die Einkommenssituation für uns Landwirte wird
immer schwieriger. Die Rückepferde werden jedoch in Verbindung mit moderner
Technik auch in der Zukunft gefragt sein", glaubt er.